26.01.2004
Salvador Allende und die Unidad Popular
Auf der Chile-Tagung im Salvador-Allende-Haus besprachen Augenzeugen und Fachleute das "Experiment" des demokratischen Sozialismus
Am 11. September 2003 jährte sich der Putsch in Chile und der Tod von Dr. Salvador Allende zum dreißigsten Mal. Anlässlich dieses Jahrestages führte das Salvador-Allende-Haus in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem DGB Bildungswerk am 25./26. Oktober 2003 eine Tagung durch.
Eine Diskussion in großer Offenheit
Experten und Interessierte diskutierten über die Gründe und Umstände des Putsches sowie über die nachfolgende Zeit unter Pinochet bis zur Situation in Chile heute. In selten offener Diskussion besprachen Augenzeugen und Fachleute das "Experiment" des demokratischen Sozialismus unter Führung von Salvador Allende.
Salvador Allende und die Unidad Popular
Salvador Allende war 1970 als Kandidat der Unidad Popular (UP) durch demokratische Wahlen mit 36 % zum Präsidenten des Landes gewählt worden. Mit ihm schien die Erfüllung des Traums von sozialer Gerechtigkeit in Freiheit greifbar.
Die Tagungsteilnehmer erlaubten eine kritische Sicht auf das durch die UP geführte Chile mit den Fragen: Wie hätte sich die Situation in Chile entwickelt, hätte es den Putsch nicht gegeben? Welches waren die Gründe für den Putsch? Woher resultierte der Hass auf die Unidad Popular?
Augenzeuge berichtet über die Regierungszeit Allendes
Dr. Jorge Coloma, damals Mitglied der Unidad Popular (UP) und am Tag des Putsches verhaftet, berichtete über die politische Situation in Chile unter der Regierung der Unidad Popular von Salvador Allende.
Der Einfluss der USA auf die Entdemokratisierung in Chile
Die Tagungsteilnehmer, unter ihnen Augenzeugen wie Walter Nocker, der 1973 Sozialreferent der deutschen Botschaft in Chile war und Dr. Klaus Lindenberg, Büroleiter bei Willy Brandt, diskutierten die wirtschaftliche und soziale Situation in Chile und den Einfluss der USA auf den Entdemokratisierungsprozess, der zum Sturz Allendes und zur "chilenische Wirtschaftsrevolution" führte.
Dr. Urs Müller-Plantenberg, Mitgründer und Redaktionsmitglied der "Chile-Nachrichten" referierte über das neoliberale Chile unter Pinochet.
Neoliberalismus made in USA und Chile
Die sogenannten "Chicago Boys" gestalteten ein von den USA und chilenischen Unternehmerorganisationen gefördertes neoliberales Regierungsprogramm. Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen wurden privatisiert. Die "Chicago Boys", absolut loyal gegenüber dem autoritärem Regime Pinochets lieferten die wissenschaftliche Legitimation für den Neoliberalismus. Ein wirtschaftlicher Aufschwung in den 80er Jahren schien den Erfolg dieses Systems zu beweisen, man "übersah" die Verletzung der Menschenrechte und die Zerstörung der demokratischen Traditionen Chiles durch das Militärregime. Solidarität war nicht mehr gefragt.
Auch nach der Redemokratisierung Chiles sind die Auswirkungen dieses Systems noch heute spürbar.
Die Bildungsstätte der Falken in Oer-Erkenschwick trägt Allendes Namen
Zwei Jahre nach dem Putsch, 1975, eröffnete das Salvador-Allende-Haus, Landes- und Bundesbildungsstätte der SJD - Die Falken. Die Namensgebung ist ein Bekenntnis zu einer freien demokratischen und sozialen Gesellschaft und Zeichen der Solidarität mit den Verfolgten des Regimes unter Salvador Allende.