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News

19.12.2020

Schüler*innen entlasten!

In Zeiten der Pandemie fordern wir Falken eine Entlastung der Schüler*innen und Familien durch reduzierte Lehrpläne und einen Ausbau der öffentlichen Hausaufgabenhilfe

Schüler*innen entlasten!
Schüler*innen entlasten!

Noch kurz vor Weihnachten hat die Bundesregierung einen Lockdown beschlossen, dessen wichtigster Teil neben der Schließung des Einzelhandels, die Aussetzung der Schulpflicht ist. Dabei gehen in der der öffentlichen Diskussion die Belange der Schüler*innen völlig unter. Sie interessieren meist nur als potenzielle Überträger*innen der Krankheit und kommen kaum als eigenständige Menschen vor. Sie müssen neben der Angst um sich und ihre Eltern also zusätzlich mit der erheblichen Belastung des vollen Unterrichtsstoffs unter meist chaotischen Bedingungen umgehen. Für viele hatte sich der Alltag bereits während der ersten Welle in eine Dystopie verwandelt, in der sich ihr Leben nur noch zwischen Hausaufgaben und Unterricht über Zoom abspielen konnte.

Bei den knallharten Diskussionen um eine Woche Schulpflicht mehr oder weniger spielen pädagogische Überlegungen praktisch keine Rolle mehr. Es geht vor allem um die Arbeitsfähigkeit der Eltern, die keine Arbeitswoche aussetzen sollen. Die Schüler*innen werden zur Verhandlungsmasse in der Abwägung von Pandemie und dem Schutz wirtschaftlicher Interessen. Das führt dazu, dass nur überlegt wird, wo die Schüler*innen bleiben sollen, nicht aber, wie man ihren Alltag und das Lernen unter Pandemie-Bedingungen vernünftig gestalten kann. Eine Aussetzung der Schulpflicht mit Homeschooling ist dabei etwas völlig anderes als ein tatsächliches Herunterfahren des Schulbetriebs.

Gerade Homeschooling überantwortet die chaotischen Zustände in den Schulen den Schüler*innen und Familien. Der Lernerfolg der Schüler*innen ist dabei nicht nur davon abhängig, wie sehr sich die einzelnen Lehrer*innen um ihre Schüler*innen bemühen, sondern vor allem von der sozialen und familiären Lage der Kinder und Jugendlichen.

Für digitalen Unterricht gibt es an den meisten Schulen kein einheitliches Vorgehen. Lehrer*innen nutzen nicht nur unterschiedliche digitale Lösungen, sondern konzipieren ihren Unterricht vollkommen unterschiedlich: Mal komplett digital, mal in Form von analogen Hausaufgaben. Häufig mit einer Mischung aus beidem. Dabei bekommen Schüler*innen oft auf unterschiedlichen Kanälen und in unterschiedlicher Form ein Schulwochenäquivalent an Aufgaben zugestellt, die sie dann bearbeiten und auf jeweils unterschiedlichem Weg abgeben müssen. Ob Lehrer*innen im Zweifelsfall für Rückfragen und Hilfestellungen überhaupt erreichbar sind, hängt vom Glück der Schüler*innen ab.

Dieses System ist darauf angewiesen, dass die Eltern die Rolle von Lehrer*innen übernehmen, die mit ihren Kindern den Schulalltag organisieren. Das setzt aber nicht nur die notwendige Kompetenz dazu voraus, sondern auch die Präsenz Zuhause verbunden mit dem notwendige Zeitpensum. Selbst wenn die Eltern im Homeoffice arbeiten, sind sie auf das Verständnis der Chef*in angewiesen und der häusliche Unterricht findet unter enormem Druck statt. Dies stellt für Kinder keine angenehme Lernatmosphäre dar und wird für Erwachsene zunehmend nervenaufreiben. Wer "systemrelevant” ist oder wessen Arbeit nicht darauf ausgelegt ist, zuhause verrichtet zu werden, deren Kinder sitzen im Zweifel alleine zu Hause vorm Computer.

Während also je nach Klassenlage manche Schüler*innen in den Genuss des Einzelunterrichts bei ihren akademischen Eltern kommen, können andere nur scheitern, weil sie völlig auf sich allein gestellt sind oder zusätzlich die Betreuung ihrer kleinen Geschwister übernehmen müssen. Es bleibt der Eindruck, dass an vielen Schulen die pandemische Unterrichtsgestaltung nicht darauf ausgelegt ist, jungen Menschen das Lernen so leicht wie möglich zu machen, sondern dass die Schulen die vorgesehenen Inhalte bei den Schüler*innen abladen und es der Eigenverantwortung der Schüler*innen und Familien überlassen, dass diese auch wirklich verstanden werden.

Es ist klar, dass eine langfristige Schulschließung bei Beibehaltung des vollen Unterrichtspensums weder für die Schüler*innen noch für ihre Eltern eine tragbare Option ist. Es braucht stattdessen eine deutliche Reduzierung des Unterrichtsstoffes und dazu eine Gestaltung des Schulalltags, die darauf abzielt, den wichtigen sozialen Kontakt von Kindern und Jugendlichen mit Gleichaltrigen außerhalb der Familie zu ermöglichen. Das formalistische Abhaken von Lernzielen ohne Augenmaß für die konkrete Situation und die Interessen der Kinder- und Jugendlichen ist keine vernünftige Option.

Wir brauchen deshalb:
- Eine deutliche Reduzierung der schulischen Belastung von Kindern und Jugendlichen durch weniger strikte Lehrpläne
- Einen entschiedenen Ausbau und mehr finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hausaufgaben- und Schüler*innenhilfe. Hier müssen dezentrale Orte geschaffen und bereits bestehende Angebote, z.B. in Jugendeinrichtungen und offenen Türen, öffentlich gefördert werden. Viele Familien sind darauf angewiesen, dass es Orte gibt, an denen Schüler*innen sich nicht nur ihren Unterrichtsstoff erklären lassen können, sondern gleichzeitig auch drucken oder das Internet nutzen können, um ihre Aufgaben herunterzuladen.
- Eine politische Debatte, welche die Rechte und Interessen der Schüler*innen ernst nimmt und zu Wort kommen lässt, statt sie nur als passive Verhandlungsmasse im Diskurs zwischen Infektionsschutz und wirtschaftlichen Interessen zu behandeln.

Termine

09.04.2024, 19:00 bis 09.04.2024, 21:00

Migrantische Kinder als Zielscheibe rassistischer Politik
Veranstaltungsreihe Rote Pädagogik - Sozialistische Erziehung im 21. Jahrhundert

05.06.2024, 19:00 bis 05.06.2024, 21:00

Kindeswohlgefährdung, Umgang auf Zeltlagern und in Gruppenstunden
Veranstaltungsreihe Rote Pädagogik - Sozialistische Erziehung im 21. Jahrhundert

07.06.2024, 18:00 bis 09.06.2024, 13:00

Frauentheorieseminar
Das Thesenpapier beschäftigt sich dieses Jahr mit Frauen im Sozialismus.

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