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15.03.2004

Gesellschaftliche Verantwortung, nicht Ego-Trip

Ein Leserbrief zum Artikel "Amüsieren, nicht erziehen"; Zeit 11/2004

Gesellschaftliche Verantwortung, nicht Ego-Trip
Gesellschaftliche Verantwortung, nicht Ego-Trip

In einer Zeit, in der von allen, von links bis rechts, bemängelt wird, dass Kinder und Jugendliche zunehmend schlecht für die Gesellschaft vorbereitet werden, lesen wir als Kinder und Jugendverband mit politischem und pädagogischen Anspruch Ihren Artikel mit großer Sorge.

Amüsieren statt Demokratie lernen?

Nur weil ein Konzept auf dem Markt erfolgreich ist, heißt das lange nicht, dass es auch begrüßenswert wäre. Vielmehr ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage der Erziehung zum gesellschaftlich bewussten und verantwortungsvollen Handeln dringend geboten.

Wo entsteht Eigenverantwortung

Eine Reihe von Diskussionen in den letzten Jahren hatten immer die gleiche Stoßrichtung: Die Jugend von heute lasse es an gesellschaftlicher Verantwortung mangeln, werde nicht mehr ausreichend auf das Leben vorbereitet und kenne keine Formen des Umgangs miteinander. In dieser Debatte erfahren wir zunehmend darüber, dass Eltern, Schulen und Soziale Einrichtungen mit ihren Aufgaben stark gefordert, häufig sogar überfordert seien. In vielen Bereichen werden neue Modelle ausprobiert, wie Kindern und Jugendlichen stärkere Eigenverantwortung und Kompetenz im Umgang mit dem eigenen Leben und in sozialen Zusammenhängen vermittelt wird.

Mit Benimmkursen in die Zukunft

Dabei lassen uns viele dieser Konzepte erschaudern: Autoritäre Erziehungsstile werden angemahnt, Benimmkurse arbeiten mit Druckmitteln daran, starre Regelsysteme in die Köpfe zu bringen. Um eine Entwicklung zu bremsen, die das Fundament von Gesellschaften in Frage stellt.

Wer braucht eigentlich den Superstar

Als eine der Ursachen für diese Entwicklung wird der zunehmende unreflektierte Medienkonsum genannt. Gerade Kinder und Jugendliche werden Formaten ausgesetzt, in denen Dinge wichtig sind: Eigene Durchsetzungskraft, ein schöner Körper und besser sein als Andere. Nur wer andere aus dem Rennen wirft, kommt weiter. Wie soll den bitteschön aus diesen jungen Menschen, die solche Vorbilder kennen, wie aus dem Nichts gesellschaftliche und soziale Verantwortung erwachsen? Woher sollen sie die Bereitschaft nehmen, sich auf die Kooperation mit anderen einzulassen? Wie sollen sie lernen, dass ein Team stärker ist als die Summe der einzelnen Kräfte?

Wir jagen nicht nur Schnitzel

Kinder- und Jugendverbände mit ihren schrecklich veralteten Ansichten und ihren biederen Schnitzeljagden haben ein anderes Gesicht. Auch bei uns heißt die Schnitzeljagd Teufelskralle und Krötenschleim, aber sie hat einen Inhalt: Nicht nur das reine amüsieren steht dabei im Vordergrund, sondern das Sammeln von Erfahrung: Wer in einer Gruppe gleichaltriger durch den Wald oder die Stadt zieht und gemeinsam Aufgaben löst, amüsiert sich mindestens ebenso wie wie Jugendliche bei OnStage Tanzen. Nur mit dem wichtigen Unterschied: "Ich habe gespürt, dass man gemeinsam Verantwortung für alle übernehmen kann und dass uns das besonders stark macht".

Das Eis ist für alle da

In Gruppenstunden und Zeltlagern der "altbackenen" Institutionen werden alle Möglichkeiten ausgelotet, auch denjenigen mitzunehmen, dessen Eltern in unserer Gesellschaft zu denen gehören, die sich keinen Individual-Urlaub leisten können, sondern auch den Beitrag für ein dreiwöchiges Sommerzeltlager nur in zwölf Raten zu 25€ abstottern können. Deren Kinder in ihrer Zeltgruppe alle zusammen legen, um einmal mit allen Eis essen gehen zu können. Und das ist mehr Amüsement als alleine eine Kugel Eis zu essen, während nebenan ein doppelter Waldfruchtbecher mit extra Sahne gelöffelt wird.

Heimweh-Garantie inclusive

Wenn ein Kind bei uns wieder nach Hause möchte, geben auch wir eine Heimweh-Garantie: Wir versuchen alles, um mit pädagogischen Mitteln so viel Lust auf die Freizeit zu machen, dass Heimweh oft schon am Abend kein Thema mehr ist. Und wer die Erfahrung gemacht hat, auch mal eine schwierige Situation durchzustehen und nicht gleich aufzugeben, der wird fürs Leben gestärkt.

Für starke Kinder und Jugendliche - dazu bedarf es mehr als amüsieren. Dazu bedarf es Jugendreisen, die mehr als amüsieren können und wollen.

<i>Der Leserbrief von Marcus Butz bezieht sich auf den Artikel von Olaf Krohn "Amüsieren, nicht erziehen" Jugendverschickung ist vorbei, Kinderferien kommen vom Reiseveranstalter. (ZEIT vom 4.3.2004.)</i>


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