19.08.2007
Here is to you: Sacco und Vanzetti
Nicola Sacco und Bartholomeo Vanzetti wurden in der Nacht vom 23.8. auf den 24.8.1927 in den USA hingerichtet.
Wer waren Sacco und Vanzetti?
Nicola Sacco (geb. 1891 in Torremaggiore/Foggia) und Bartholomeo Vanzetti (geb. 1888 in Villa Faletto/Cuneo) wurden in der Nacht vom 23.8. auf den 24.8.1927 im Staatsgefängnis von Charleston, Massachusetts auf den elektrischen Stuhl hingerichtet.
Sacco war Arbeiter in einer Schuhfabrik und Vanzetti, gelernter Konditor, verkaufte als ungelernter Arbeiter zur Zeit seiner Verhaftung Fische. Sie waren 1908 mit großen Hoffnungen aus Italien in die USA eingewandert, da sie dort die Chance für ein besseres Leben sahen. Dort lernten sie sich innerhalb der ArbeiterInnenbewegung kennen, und zwar in den Gruppen um Galleani und Tresca, die anarchistische Zeitungen herausgaben. Schon damals hatten sie eine freiheitlich-sozialistische Einstellung. Um ihrer Einberufung zum Wehrdienst zu entgehen, fuhren sie zusammen mit anderen Genossen nach Mexiko und wurden Freunde.
Am 5.5.1920 wurden Sacco und Vancetti in New York verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen am 15.4.1920 in South Braintree, Massachusetts einen Raubmord an dem Lohnbuchhalter Palmenter und dem Wächter Berardelli begangen zu haben. Aufgrund ihres öffentlichen Engagement innerhalb der ArbeiterInnenbewegung, ihres Kampfes um allgemeinbildende Schulen und das Recht auf Bildung sowie ihrer anarchistischen Einstellung wollten die staatlichen Institutionen eine Verurteilung zum Tode um jeden Preis.
Obwohl Sacco und Vanzetti Alibis für die fragliche Zeit hatten, wurden Entlastungszeugen nicht vernommen, Beweismittel zurückgehalten und eine parteiisches Geschworenengericht auf den Fall angesetzt. Richter Webster Thayer ließ es sich nicht nehmen in aller Öffentlichkeit zu verlauten: "Denen werden wir's schon zeigen, und die Kerle aufhängen."
So kam es, daß Sacco und Vanzetti am 31.3.1921 in Dedham zum Tode verurteilt wurden. Das Justizverbrechen steuerte dem Mord entgegen. Doch das Todesurteil löste in der ArbeiterInnenschaft Amerikas, und nicht nur dort, einen Sturm der Entrüstung aus, so daß sich ein langjähriger Kampf mit einer weltweiten Solidaritätskampagne um die Aufhebung des Urteils entspann.
Der Portugiese Celestino Madeiros, der wegen Raubmordes zu Tode verurteilt war, ließ am 18.11.1925 Sacco einen Zettel im Gefängnis zukommen mit den Worten: "Ich bekenne hiermit, an dem Verbrechen in South Braintree beteiligt gewesen zu sein, Sacco und Vanzetti sind dagegen nicht dabei gewesen." Dies wurde zudem noch von einem Komplizen belegt. Der Raubmord war das Werk der Morelli-Bande gewesen. Doch selbst diese Aussagen beeindruckte die amerikanische Justiz nicht.
Die Revisionseingaben wurden abgewiesen. Der Gouverneur von Masachusetts, Fuller, lehnte alle Gesuche ab.
Als ein Hinrichtungstermin 1927 am 10.8.1927 bekannt wurde, kam es wegen zweier einfacher Arbeiter zu einer bis dahin noch nie gesehenen Protestwelle rings um den Erdball. Es kam zu vielen Anschlägen, gewaltigen Demonstrationen und wilden Streiks bis hin zu Generalstreiks in Südamerika. Dabei waren durch harte, staatliche Unterdrückungsmaßnahmen etliche Menschenleben zu beklagen. In Genf stürmte eine empörte Masse das Völkerbundgebäude und schlug den berühmten Glassaal in Trümmer.
Selbst gesetzgebende Körperschaften forderten Gouverneur Fuller auf, die beiden Anarchisten freizugeben. Alle US-Botschaften wurden streng bewacht. In Tokio zog sich der US-Botschafter auf seinen Landsitz zurück. In vielen Städten Deutschland protestierten ArbeiterInnen. In Berlin gab es eine Riesendemonstration. Selbst die amerikanische Presse berichtete nun von "Unstimmigkeiten" während des Prozesses.
Doch der amerikanische Staat demonstrierte Härte. Letztendlich wurde das Urteil in der Nacht vom 23. auf den 24.8.1927 vollstreckt. Zusammen mit Sacco und Vancetti wurde Madeiros hingerichtet.
Sacco und Vanzettis Vermächtnis aus der Todeszelle: "Macht aus unseren Leiden, aus unserem Schmerz, unseren Fehlern, unseren Niederlagen und aus unseren Leidenschaften für die künftigen Schlachten und die große Emanzipation ein kostbares Gut."
Im Juli 1977 gab der Gouverneur von Massachusetts eine Ehrenerklärung für Sacco und Vancetti und deren Familien ab. "Heute ist der Nicola-Sacco- und Bartolomeo-Vanzetti-Gedächtnistag. Die Atmosphäre ihres Verfahrens und ihrer Revisionen war durchdrungen von Vorurteilen gegen Ausländer und Feindlichkeit gegenüber unorthodoxen politischen Ansichten. Das Verhalten von vielen der Offiziellen in diesem Fall wirft einen ernstlichen Zweifel auf ihre Bereitschaft und ihre Fähigkeit, die Verfolgung und das Verfahren fair und unvoreingenommen durchzuführen. Schlichter Anstand und Mitgefühl, wie auch Respekt vor der Wahrheit und eine fortwährende Verpflichtung zu den höchsten Idealen unserer Nation, erfordern, dass das Schicksal von Sacco und Vanzetti von Allen im Gedenken bewahrt wird, die Toleranz, Gerechtigkeit und menschliches Verständnis wertschätzen."