27.09.2022
Solidarität mit Mädchen und Frauen in Afghanistan!
Die Delegierten der Bundesausschuss-Sitzung vom Herbst 2022 positionieren sich an der Seite derer, die in Afghanistan von den Taliban und patriarchalen Strukturen unterdrückt und verfolgt werden.
Als Sozialistische Jugend sprechen wir unsere Solidarität mit den Mädchen und Frauen in Afghanistan und allen Menschen, die in Afghanistan von den Taliban und patriarchalen Strukturen unterdrückt und verfolgt werden, aus.
Mehr als ein Jahr ist seit der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan nun vergangen. Das Talibanregime ist eine humanitäre und menschenrechtliche Katastrophe: Den Vereinten Nationen zufolge hatten im April 2022 ungefähr 95 Prozent der Bevölkerung nicht genug Lebensmittel zur Verfügung, unter anderem da aufgrund der westlichen Sanktionen kaum mehr Geld und Hilfsgüter ins Land kommen. Die Taliban haben die Meinungs- und die Pressefreiheit massiv eingeschränkt. Mädchen dürfen nur noch eingeschränkt zur Schule gehen, Frauen dürfen viele Berufe nicht mehr ausüben, müssen Burka tragen, sollen das Haus nur verlassen wenn es ‘notwendig” ist und dürfen längere Wege nur noch mit männlicher Begleitung zurücklegen. Queeren Menschen droht der Tod, wenn sie als queer erkannt werden. Die schiitische Volksgruppe der Hazara wird von den Taliban unterdrückt und verfolgt. [...]
NATO-Einsatz in Afghanistan: Imperialismus unter dem Deckmantel von Frauenrechten
Am 7. Oktober 2001, vier Wochen nach den Terroranschlägen von al-Qaida auf das World Trade Center in New York, begannen die USA mit der Bombardierung Afghanistans ihren globalen „Krieg gegen den Terror“. Zum ersten Mal wurde gemäß Art. 5 des NATO-Vertrages der Bündnisfall erklärt, auch die Bundeswehr beteiligte sich mit einem Auslandseinsatz.
Die USA rechtfertigten den Krieg mit freiheitlichen Werten, Demokratie und dem „Kampf für die Rechte und die Würde der Frauen“. Doch der US-amerikanischen Regierung ging es mit dem Angriff 2001 nicht darum, Frauenrechte zu sichern, sondern die eigene geopolitische Dominanz zu stärken. Als deutlich wurde, dass diese Strategie gescheitert war, unterzeichneten die USA 2020 über die Köpfe der afghanischen Regierung hinweg in Katar ein Abkommen mit den Taliban, das einen schrittweisen Abzug der NATO-Streitkräfte vorsah. Im Mai 2021 begann der offizielle Abzug internationaler Truppen aus Afghanistan, der den Taliban den Weg zur Machtergreifung in Afghanistan ermöglichte und infolge von Angriffen und Anschlägen auf die afghanische Armee Tausenden Afghan*innen das Leben kostete. Am 15. August 2021 nahmen die Taliban schließlich Kabul ein. [...]
Frauen im Widerstand
Doch die Frauen in Afghanistan kämpfen gegen das Regime der Taliban und für ihre Rechte, sowohl öffentlich als auch im Untergrund. Organisationen wie RAWA (Revolutionary Association of the Women of Afghanistan) kämpfen gegen das Talibanregime genauso wie gegen die jahrzehntelange Besatzung durch imperialistische Staaten des Westens und die Finanzierung der Taliban durch Pakistan. Sie unterrichten Mädchen im Untergrund, führen Alphabetisierungskurse für Analphabetinnen und junge Mädchen durch und sprechen über Frauenrechte und politische Bildung. Sie kritisieren die westlichen Truppen für ihren katastrophalen Einsatz, der Afghanistan nicht demokratisiert, sondern für künftige Generationen weiter destabilisiert hat. Sie streiten dafür, dass die Taliban international nicht als Regierung anerkannt werden und keine diplomatischen Beziehungen zu ihnen geführt werden. [...]
Unsere Forderungen
Wir als Sozialistische Jugend solidarisieren uns mit den Mädchen und Frauen in Afghanistan, allen Menschen in Afghanistan, deren Leben und Freiheit bedroht sind, sowie allen emanzipatorischen Kräften in Afghanistan und der Diaspora hier in Deutschland und Europa. Wir verurteilen das menschenverachtende Regime der Taliban. Wir fordern die NATO und die deutsche Bundesregierung auf, Verantwortung für die Folgen des über zwanzig Jahre geführten Kriegs zu übernehmen, der Afghanistan destabilisiert und die Taliban gestärkt hat. Für uns steht fest: NATO-Einsätze müssen ein Ende haben – NATO-Einsätze destabilisieren ganze Regionen und verhindern die sichere Flucht von Menschen. Sie tragen nicht dazu bei, dass humanitäre Krisen oder politische Instabilität bekämpft werden.
Wir fordern die Bundesregierung auf,
- die Regierung der Taliban unter keinen Umständen anzuerkennen und nicht mit ihr zu verhandeln,
- Druck auf die Taliban auszuüben, die Grundrechte von Frauen und Mädchen auf Zugang zu Bildung, Arbeit, Mobilität, freie Kleidungswahl und friedlichen Protest zu verwirklichen und sie vor häuslicher Gewalt, willkürlichen Verhaftungen, Inhaftierungen und Zwangsverheiratungen zu schützen
- Maßnahmen zu ergreifen, um die humanitäre Krise in Afghanistan zu beenden
- ein unbegrenztes humanitäres Aufnahmeprogramm umzusetzen und alle gefährdeten Personen zu evakuieren,
- sichere Fluchtrouten aus Afghanistan einzurichten,
- das sofortige und dauerhafte Bleiberecht für alle mit einer Duldung in Deutschland lebenden Afghan*innen einzusetzen und
- unbürokratischen und schnellen Familiennachzug zu gewährleisten.